Foto: © Britta Müller/ SPD Brandenburg Eberswalde. Volle Wartezimmer und immer ältere Ärzte und Patienten sind im ländlichen Raum Brandenburgs Realität. Über die Entwicklung im Barnim und mögliche Lösungswege informierte am Montag die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD Fraktion, Britta Müller, in Eberswalde. Eingeladen hatte der SPD Ortsverein Eberswalde.
„Die Statistiken sagen, es seien genügend Ärzte vorhanden und trotzdem sitzen die Patienten in vollen Wartezimmern oder müssen lange auf einen Termin warten. Das Problem ist, dass wir durch eine bundeseinheitliche Vorgabe, eine bestimmte Einwohnerzahl pro Arzt haben, die für ein Flächenland wie Brandenburg nicht funktioniert“, erläuterte Britta Müller das Auseinanderdriften zwischen Erlebnis im Wartezimmer und Statistik. Zwar sollen seit 2013 das zunehmende Alter der Bevölkerung und andere Faktoren bei der Bedarfsplanung berücksichtigt werden, doch die Wirkung bleibt bislang im Barnim aus. Das zeigt sich an den Zahlen: auf einen Hausarzt kommen im Barnim 1725 Einwohner, bundesweit sind es dagegen nur 1569 Einwohner.
In den Barnimer Städten wie Eberswalde und Bernau sind noch ausreichend viele niedergelassene Ärzte, sowohl Allgemeinmediziner wie auch Fachärzte, doch sie müssen einen großen Einzugsbereich versorgen. Dazu werden die Brandenburger immer älter, sie haben dadurch einen höheren Behandlungsbedarf, viele sind chronisch krank und müssen daher häufiger zum Arzt. „Die Brandenburger Ärzte haben mehr und ältere Patienten als der bundesweite Durchschnitt, das bedeutet mehr Arbeit unter schwierigen Bedingungen. Das sind keine Faktoren, die junge Ärzte anziehen.“, so Britta Müller, doch ein weiteres Problem sei, das fast ein Drittel der Brandenburger Ärzte bereits heute 60 Jahre und älter sind. „Die jungen Ärzte sollen die Praxis am Ort übernehmen und die wirtschaftliche Bürde der Existenzgründung auf sich nehmen.“, so Britta Müller. Auch wenn für die ambulanten Ärzte die Kassenärztliche Vereinigung zuständig ist, „Wir müssen uns zusammen bemühen, Praxisnachfolger zu finden. Es kann nicht sein, dass Ärzte bis 80 Jahre arbeiten müssen“, so Britta Müller.
Auch die kritische medizinische Versorgung im Brandenburgischen Viertel in Eberswalde wurde angesprochen. Viele Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind und Flüchtlinge leben inzwischen dort, die Hausarztpraxis ist aber unbesetzt. Eine Überlegung an diesem Abend war eine KV Regiomed Praxis einzurichten. „ Ich werde mich dafür einsetzen. Auch diejenigen, die dort leben, dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren. Hier müssen Lösungen gesucht werden.“ bekräftigte Britta Müller.
Trotz der schwierigen Bedingungen gibt es inzwischen einige mögliche Lösungswege und Gegenmaßnahmen von den Akteuren im Gesundheitswesen. Die Kassenärztliche Vereinigung gewährt bis zu 50.000 Euro Zuschüsse für eine Praxisübernahme auf dem Land. Die Politik hat ebenfalls die Bedarfsplanung als Problem erkannt. Die jetzigen Regelungen in der ambulanten Versorgung müssen den Bedingungen im ländlichen Raum angepasst werden. „Wir können nicht so planen wie in Nord-Rhein-Westfalen. Die Bundesländer benötigen mehr Spielraum. Doch diese Entscheidung muss auf der Bundesebene erfolgen.“, so Britta Müller.
Auch die Krankenhäuser spielen eine wichtige Rolle in den strukturschwachen Regionen. Krankenhäuser sind die Anker der medizinischen Versorgung auf dem Land. Denn dort, wo kein Hausarzt mehr ist, gewinnt das „Landkrankenhaus“ als lokales Gesundheitszentrum eine viel größere Bedeutung. Die Zukunft liegt in der Vernetzung und Kooperation zwischen stationären und ambulanten Systemen exakt auf die Bedürfnisse einer Region und seiner Bewohner zugeschnitten.
„Die 87jährige Barnimerin hat das gleiche Recht auf medizinische Versorgung wie die 87jährige Potsdamerin. Es bleibt Aufgabe der Politik, Ungleichgewicht zu beseitigen. Gesundheitspolitik ist daher mehr als ärztliche Versorgung und Krankenhäuser zu planen, wir müssen auch die Rahmenbedingungen - wie z.B. die Verkehrsinfrastruktur schaffen, damit Menschen noch ihren Arzt erreichen.“, so Britta Müller am Ende des Vortrages.